Mittwoch, 26. März 2014

Respekt statt Toleranz!

Meine heutigen Mails an das Bundesprogramm "Toleranz fördern - Kompetenz stärken" des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend:


Sehr geehrte Damen und Herren,

ich bin eine Mitbürgerin, die wegen ihres nicht-weißen Erscheinungsbilds und des nicht-europäisch klingenden Namens und sonst wegen der asiatischen Herkunft in Deutschland alltäglich Ausgrenzung erfährt. Zu der Projektbezeichnung "Toleranz fördern - Kompetenz stärken" möchte ich Folgendes anmerken:

Toleranz ist ein sehr ungeeignetes Wort zur Bekämpfung von Rassismus, denn es bedeutet ja umgekehrt, dass etwas nur geduldet werden soll, was eigentlich nicht geduldet werden muss. Beim Abbau von Rassismus und jeglicher Ausgrenzung geht es jedoch um Respekt: In einer diskriminierungsfreien Gesellschaft verdient jede,r soviel Respekt wie jede,r andere auch. Wir sind alle gleichberechtigt, egal, ob jemand nach seiner eigenen Vorstellung etwas tolerabel findet oder nicht; es kommt auf Toleranz nicht an, weil Gleichberechtigung ein MUSS ist und nicht von der "Großzügigkeit" der Mehrheitsgesellschaft abhängen darf.

Toleranz ist eine Geste von oben herab auf diejenigen, die eigentlich nicht dazugehören sollen.

Deshalb rege ich an, den Projektnamen zu ändern in: "Respekt fördern - Kompetenz stärken.

Ich freue mich auf Ihre Stellungnahme und behalte mir vor, diese und weitere Nachrichten auf meinem folgenden Blog zwecks Aufklärung zu veröffentlichen:

www.schingschangschongewusst.blogspot.de


P.S.:

Ich fühle mich durch das Foto auf Ihrer Homepage nicht repräsentiert: Es gibt dort einen einzelnen Mitbürger mit einer etwas dunkleren Hautfarbe; alle anderen sind weiß.

Ich finde es interessant, dass Sie zwar "Toleranz" fördern und Kompetenz stärken wollen, aber selber auf dem Foto Menschen mit "Migrationshintergrund" wiederum größtenteils ausgrenzen.

Auch hierzu hätte ich gern eine Stellungnahme Ihrerseits. Im Übrigen verweise ich auf meine vorherige E-Mail.

Mit freundlichen Grüßen

Samstag, 15. März 2014

Sching Schang Haku-Schong!

Beginn der Pollenflugsaison oder Erkältung? In letzter Zeit muss ich dauerhaft niesen. Und wie klingt das?

Das klingt in etwa so:
Haku-Schon!
Häku-Schun!
Tschun!
Hättschun!
Ktschun!
Häpsch!

Eine deutsche Arbeitskollegin ohne "Migrationshintergrund" fragte mich einmal, ob es was Japanisches sei. Die Antwort lautet eindeutig: Ja!

Ich habe die eine Hälfte meines Lebens in Japan und die andere Hälfte in Deutschland verbracht. Zwischendurch habe ich auf der Schule Englisch, Französisch und Latein als Fremdsprache gelernt (na ja, in Latein ging's nur um Vokabeln und Grammatik, die ich sowieso nach dem Latinum größtenteils unwiederbringlich ins Meer des Vergessens versenkt habe). Im Moment lerne ich Koreanisch. Aber niesen tu ich noch in meiner Muttersprache, und das wird sich wahrscheinlich nicht mehr ändern - und das ist auch gut so!

Aber so groß sind ja die Unterschiede eh nicht, finde ich.

Eine flüchtige Google-Recherche ergibt, dass man auf Koreanisch "Etschi!" (에취!) und auf Chinesisch "Ati!" sagt. Das klingt fast so wie das deutsche "Hatschi", französische "Hatchoum!" und englische "Attchoo!". Offiziell niest man in Japan: "Hakuschon!".

Der französische und japanische Laut sind meiner Meinung nach vorteilhaft, weil der Mund am Ende des Niesvorgangs geschlossen wird.

Na ja, Hauptsache, der Nieser wird nicht unterdrückt.

Samstag, 1. März 2014

Den Opfern sexualisierter Gewalt ein Gesicht geben

Eine Freundin von mir ist vor 3 Jahren in einer französischen Kleinstadt Opfer eines sexualisierten Übergriffs geworden. Ich schreibe diesen Artikel, weil sie damit einverstanden ist, dass ich hier ihre Geschichte aufschreibe.

Bei unserem letzten Treffen vor 2 Jahren hat sie mir - fast beiläufig - davon erzählt, wohl deshalb, weil es so schwierig ist, darüber zu reden. Ich war so geschockt, dass ich nicht wusste, was und wie ich es ihr sagen konnte, um sie auf meine Weise zu unterstützen. Was ich ihr dann gesagt habe, weiß ich nicht mehr.

Ich kann mich daran erinnern, dass sie mir den Tathergang geschildert hat und dass ich mich darüber aufgeregt habe, dass die Polizisten - als sie nach ca. 1 Woche nach der Tat Mut gefasst hat, Anzeige zu erstatten - ihr zuerst keinen Glauben geschenkt haben und nur sehr zögerlich tätig geworden sind, bis sie deutliche Spuren am Tatort gefunden haben.

Jetzt habe ich eine E-Mail von ihr bekommen, dass das Gerichtsverfahren gegen den Täter abgeschlossen sei: Der Täter konnte gefasst werden und ist zu 4 Jahren Freiheitsstrafe auf Bewährung, davon 1 Jahr bedingt (?), verurteilt worden:

http://www.leberry.fr/cher/actualite/2014/02/21/quatre-ans-de-prison-dont-un-avec-sursis-confirmes-pour-agression-sexuelle_1882142.html

Bei sexualisierten Übergriffen wird den Opfern die Scham aufgebürdet, die dann damit fertig werden müssen. Zusätzliche Belastungen können durch unsensibilisiertes Verhalten anderer (z. B. Polizei und Justiz), lange Prozessdauer, Breittreten des Geschehens im Gerichtsverfahren, Verharmlosung durch die Verteidigung, zu mildes Strafmaß usw. entstehen.

Ich finde es schrecklich, was Jim-Kyong (das ist ihr Pseudonym in dem oben verlinkten Zeitungsartikel) erleben musste (soweit ich es mir überhaupt vorstellen kann), und bewundere ihren Mut, dass sie die Tat angezeigt und den Opfern sexualisierter Gewalt auf diese Weise ein Gesicht gegeben hat. Ein Gesicht unter viel zu vielen.

Laut Spiegel zeigt eine aktuelle Umfrage der Agentur der EU für Grundrechte, dass jede dritte Frau in Europa Opfer körperlicher und/oder sexualisierter Gewalt wird:
http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/eu-studie-frauen-erleben-haeufig-psychische-und-physische-gewalt-a-956872.html

Tsching Tschang Tschontschoni

Ich lerne Koreanisch mit Hilfe von koreanischen Seifenopern im Originalton mit englischen Untertiteln. Die gibt's ganz legal bei YouTube auf den offiziellen Seiten von KBS, MBC usw.

Mein Liebelingswort auf Koreanisch ist 천천히 (lies: tschon-tschoni) und heißt so gut wie langsam, sachte, doucement, auf Norddeutsch sutsche, auf Japanisch ゆっくり(lies: yukkuri).

Der Weg der Selbtbehauptung kann ein langer, unter Umständen unendlicher Prozess werden. Wenn ich merke, dass ich mich in etwas verbeiße oder verrenne, sage ich zu mir: "ゆっくり!" oder "Sutsche!". Der Weg ist das Ziel.

Und mein Horoskop sagt mir, dass ich dort Abstand nehmen soll, wo Respekt und Wertschätzung fehlen. Zu erkennen oder mir zuzugestehen, dass mir keine Wertschätzung entgegengebracht wird, ist nicht immer einfach, aber je mehr ich mich selbst wertschätze, umso einfacher geht das. Aber auch hier gilt: Tschontschoni!